Nischendasein:
Parfums für Anspruchsvolle

Zwei Experten auf dem Gebiet der Nischendüfte, Vero Kern und James Heeley, erzählen im Interview, wie sie Parfumeure wurden. 

Vero Kern und James Heeley

Jedes Jahr erscheinen rund 300 neue Parfums auf den Markt. Der Löwenanteil wird von der Industrie und den großen Brands bestritten, der Rest entfällt auf kleine, unabhängige Manufakturen, die den Nischenmarkt repräsentieren. Vero Kern und James Heeley sind zwei der großen Vertreter dieses kleinen Marktes

Interview

QVEST: Erst einmal herzlich willkommen zu unserem Expertengespräch über Parfums, Vero und James. Können Sie uns als Einstieg kurz schildern, wie Sie eigentlich zu diesem Beruf gekommen sind?
Vero Kern: Die Vorstellung, dass jede Frau, ihre Haut, ihre Sinnlichkeit und ihre Erotik einen eigenen Geruch hat, faszinierte mich, und damit begann auch mein Interesse an Parfums. Bis ich den Entschluss fasste, Parfumeurin zu werden, sind dann aber natürlich noch einige Jahre verstrichen. Aber die erotische, animalische Note ist das Markenzeichen meiner Parfums … Ich wollte etwas Besonderes machen, etwas, das anders ist als andere Parfums. Ich habe noch die ganz traditionellen, klassischen Verfahren der Parfümherstellung erlernt, mit denen die Parfums früher gemacht wurden. Dahin wollte ich zurück. Die alten Düfte, wie zum Beispiel die von Guerlain, haben mich schon immer fasziniert, aber es hat noch einige Jahre gedauert, bis ich den Entschluss fasste, sie zu meinem Beruf zu machen. Früher war ich Aromatherapeutin und habe aus selbst gepflanzten Blumen ätherische Öle hergestellt, für die Anwendung bei Massagen zum Beispiel. Dabei habe ich entdeckt, dass ich eine sehr gute Nase habe und mich dann nach Schulen umgesehen, wo man die Kunst der Parfümerie erlernen kann. 

James Heeley: Bei mir war es mehr Zufall, dass ich Parfumeur wurde. Ich bin eigentlich Designer, und vor zehn Jahren begann ich, Vasen für Christian Tortu zu entwerfen, einen namhaften Pariser Floristen. Das Thema Duft habe ich also sprichwörtlich durch die Blume entdeckt, und eines Tages begegnete ich Annick Goutal, die mir die Augen für die Welt der Düfte öffnete. Ein Engländer in Paris, der als Designer arbeitete – für mich war die Begegnung mit Annick da so etwas wie eine Offenbarung. Durch sie habe ich erkannt, dass auch ich Düfte herstellen kann. 

Was ist eigentlich so faszinierend an Düften?
James Heeley: Duft ist überall – wie Licht oder Luft. Aber Gerüche lassen sich nicht einfangen, was ein Jammer ist, jedenfalls bei den guten. Daher versucht man, Zutaten zu mischen, und damit ein Abbild zu schaffen, das dem Original, dem natürlichen Duft, möglichst nahe kommt. Dabei geht man immer mehr in die Details und findet Schritt für Schritt heraus, welcher Geruch mit anderen harmoniert. Für mich hat das viel mit Bildhaftigkeit zu tun – ich versuche eine Abbildung des Dufts zu komponieren.

Vero Kern: Für mich ist es pure Leidenschaft. Das Faszinierende an Düften ist ja, dass man sie nicht sehen kann. Man hat etwas im Kopf und versucht es zu materialisieren, es erfahrbar zu machen. Als Parfumeur muss man sich ein Duft-Vokabular aneignen, im Gedächtnis verankern und es dann abrufbereit halten. Mir kommt da weniger Bildhaftigkeit in den Sinn als ein bestimmter Inhaltsstoff, ein bestimmtes Material. Wenn ich zum Beispiel eine Rose habe, dann muss ich etwas mit dieser Rose machen. Für mich hat das etwas Libidinöses, es kommt aus dem Bauch heraus.

Sie beide sind Vertreter des sogenannten Nischenmarkts. Was ist der Unterschied zwischen Ihren selbstgefertigten Düften und den Parfums für den Massenmarkt?
James Heeley: Der Hauptunterschied ist wohl der, dass wir keine Marketingabteilung haben. Keine Investoren, die uns sagen, was wir zu tun oder zu lassen haben, oder die uns Mindestumsätze zur Auflage machen – mit anderen Worten: Wir sind total frei. Ich mache ein Parfum, weil es mir gefällt, und nicht, weil ich denke, es muss sich verkaufen. Wenn es sich gut verkauft: toll. Wenn nicht: auch kein Problem.

Vero Kern: Für mich ist einer der wichtigsten Unterschiede zwischen uns und dem Massenmarkt die Palette an Zutaten, auf die wir zurückgreifen können. Ich arbeite mit ungefähr 250 Rohstoffen, die Industrie mit Tausenden. Anfänglich waren viele Duftstoffe für mich unerschwinglich, weil sie nur in sehr großen Mengen abgegeben werden. Ich konnte sie ja nicht tonnenweise bestellen, ja nicht einmal im Kilo – was soll ich mit einem Kilo Ambra?

Das heißt, ein mögliches Problem für Nischenparfumeure besteht in der Beschaffung der Rohstoffe?
James Heeley:
Ganz genau. Wir haben eben ja schon die Iriswurzel erwähnt. Iris absolue, ein Wurzelextrakt, den ich für mein Parfum Iris de Nuit benutze, ist einer der teuersten Duftstoffe überhaupt. Das Kilo kostet um die 18.000 Euro, ähnlich teuer sind Jasmin und die Edelrose Parfum de Grasse. Man kann an ihrer Stelle auch Bulgarische Rosen nehmen, aber die haben nicht dieselbe frische, grüne, stark sinnliche Note. Es ist also tatsächlich ein Problem, sich solche Aromen überhaupt leisten zu können, vor allem, weil sie nicht in kleinen Mengen verkauft werden, wie Vero eben ja schon erwähnte.

Der Ausdruck »Nische« bezeichnete ja eigentlich einen Markt für wenige, sehr anspruchsvolle Kunden. Worin unterscheiden Nischen sich vom Massenmarkt?
Vero Kern: Für mich heißt Nische eigentlich nichts anderes, als meine eigene Sache durchzuziehen. Mir liegt es, individuelle Düfte für besondere Kunden zu schaffen, nicht für den Massenmarkt.

James Heeley: Ich denke, die hohe Qualität unserer Parfums ist ausschlaggebend. Wenn die Leute zu begreifen beginnen, dass für gute Parfums die gleichen Kriterien gelten wie für gute Weine oder gutes Essen – nach dem Motto: Woher kommen sie? Sind sie professionell und hochwertig gemacht? – wenn die Leute also beginnen, die Unterschiede zu erkennen, dann entscheiden sie sich am Ende beim Kauf auch für Produkte wie unsere.

James Heeley Düfte im Qvest Shop:

Heeley ist heute eines der wenigen inhabergeführten und unabhängigen Parfumhäuser in Europa. Seine einzigartigen Duftwelten sind von traditionellen französischen Parfümerien inspiriert. Jedes Detail von der Kreation der Düfte, bis hin zu der umweltfreundlichen Verpackung entstammt der Fantasie des Autodidakten Heeley.

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